Neue Forderung nach Kriegstüchtigkeit – „eine Art geistiger Epidemie“ ?

Zum 70. Todestag von Albert Einstein: Das Genie als Pazifist

Gastbeitrag von Karin Jansen. (Dieser Beitrag unterliegt der Creative-Commons-Lizenz (CC BY-NC-ND 4.0). Er darf für nichtkommerzielle Zwecke unter Nennung des Autors und der Berliner Zeitung und unter Ausschluss jeglicher Bearbeitung von der Allgemeinheit frei weiterverwendet werden.)

Zwar war der 70. Todestag Albert Einsteins schon am 18. April dieses Jahres. Aber die gegenwärtige öffentliche Debatte über Kriegstüchtigkeit, Aufrüstung der Bundeswehr und der Ukraine sowie deren militärische Unterstützung durch EU und NATO gibt Anlass, Einsteins Beobachtungen und Argumente im Zusammenhang mit den Vorbereitungen der beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts ins Bewusstsein zu heben.

Es ist doch erstaunlich dabei festzustellen, wie wenig sich seit den Bemerkungen des Friedensnobelpreisträgers geändert hat.

Zum 70. Todestag von Albert Einstein: Das Genie als Pazifist

02.05.25 – Pressenza Berlin

Albert Einstein mit seiner ersten Frau Mileva Marić (Bild von wikimedia commons)

Einstein war nicht nur ein legendärer Physiker, sondern auch ein unerschrockener Friedensaktivist, der das Kriegstreiben seiner Zeitgenossen scharf kritisierte.

von Karin Jansen für die Berliner Zeitung

„Wenn einer mit Vergnügen in Reih und Glied zu einer Musik marschieren kann, dann verachte ich ihn schon. Er hat sein großes Gehirn nur aus Irrtum bekommen, da für ihn das Rückenmark schon völlig genügen würde. Diesen Schandfleck der Zivilisation sollte man so schnell wie möglich zum Verschwinden bringen. Heldentum auf Kommando, sinnlose Gewalttat und die leidige Vaterländerei, wie glühend hasse ich sie, wie gemein und verächtlich scheint mir der Krieg ….“ Mit diesen drastischen Worten beschrieb Albert Einstein 1931 in einem Essay, was er zeit seines Lebens verabscheute: Gewalt, Militär, Krieg und blinden Gehorsam.

Der in Ulm geborene Einstein legte bereits kurz vor seinem 16. Lebensjahr die deutsche Staatsbürgerschaft ab und verließ Deutschland, um der Wehrpflicht zu entgehen. Stattdessen genoss er seine letzten Schuljahre in der liberalen Schweiz, glücklich darüber, dem autoritären preußischen Drill entkommen zu sein. Auch seine Karriere als Wissenschaftler startete, wenn auch holprig, in der Schweiz, wo er mit seiner ersten Ehefrau, der Physikerin Mileva, viele Jahre lebte.

Kritik an der allgegenwärtigen Kriegseuphorie

Im April 1914 fand sich Einstein, bereits mit der „Speziellen Relativitätstheorie“ samt seiner berühmten Formel E=mc² im Gepäck, in dem ihm eigentlich nicht sympathischen deutschen Kaiserreich ein. In Berlin erhielt er jedoch eine hervorragende Forschungsprofessur an der Universität, wird Mitglied der Physikalisch-Mathematischen Klasse der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften und übernimmt später die Leitung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Physik. Eine für ihn lukrative, aber auch sehr ambivalente Lebenssituation beginnt.

Seine hohen Stellungen in den eher konservativen Professorenkreisen halten ihn nicht davon ab, die allgegenwärtige Kriegseuphorie zu kritisieren, wenn auch in seinen privaten Briefen ins Ausland schärfer als gegenüber seinen deutschen Kollegen. An einen Freund im neutralen Holland schreibt er nach dem Kriegsausbruch im August 1914: „Unglaubliches hat Europa nun in seinem Wahn begonnen … In solchen Zeiten sieht man, welch trauriger Viehgattung man angehört …“

Aufforderung zum Verzicht auf Annexionen

So weigert sich Einstein, einen „Aufruf an die Kulturwelt“ zu unterschreiben, der den Angriffskrieg Deutschlands propagandistisch verteidigt und zunächst von 93 namhaften Vertretern aus Wissenschaft und Kultur unterstützt wird. Stattdessen schließt er sich einem Gegenmanifest an, in dem zur Schaffung einer dauerhaften europäischen Friedensordnung mit der Aufforderung zum Verzicht auf Annexionen aufgerufen wird.

Das Manifest fand wenig Zustimmung, doch Einstein wollte seine pazifistische Gesinnung nicht aufgeben. Im Gegenteil wurde er kurz darauf Gründungsmitglied des Bundes Neues Vaterland, dem auch der spätere Bürgermeister Berlins Ernst Reuter beitrat, in dem Pläne für ein friedliches Europa diskutiert und bedrängte Pazifisten unterstützt wurden.

In seiner Schrift „Meine Meinung über den Krieg“ legt Einstein konsequent seine Ablehnung jedwedes Krieges dar sowie die Notwendigkeit einer neuen staatlichen Ordnung in Europa, die europäische Kriege ausschließen müsse: „Die feinen Geister aller Zeiten waren darüber einig, dass der Krieg zu den ärgsten Feinden der menschlichen Entwicklung gehört, dass alles zu seiner Verhütung getan werden müsse.“

Er kritisierte den grassierenden Patriotismus, der die Kriegsstimmung anheizte und „dass der Verherrlichung des Krieges … von allen wirklichen Freunden menschlichen Fortschritts energisch entgegengewirkt werden muss.“ Schärfere Formulierungen wurden gestrichen. Mit dem unerwartet lange anhaltenden Krieg wurde der pazifistische Bund Neues Vaterland 1916 verboten.

„Die Zeit erinnert mich an die der Hexen-Prozesse“

Einstein stand den Menschen im Rausch ihrer Kriegseuphorie weiterhin fassungslos gegenüber. Er musste zusehen, wie viele seiner Kollegen mittlerweile für die Kriegsindustrie tätig wurden. In einem anderen Brief schilderte er die Situation als „eine Art geistiger Epidemie“. Er schreibt: „Wenn ich mit den Menschen rede, fühle ich das Pathologische des Gemütszustandes. Die Zeit erinnert mich an die der Hexen-Prozesse und sonstigen religiösen Verirrungen … Ich könnte mir die Menschen nicht vorstellen, wenn ich sie nicht vor mir sähe.“

Aufgrund seiner beruflichen Stellung war er gezwungen, auch willens, mit seinen Kollegen eine gute Zusammenarbeit auf wissenschaftlicher Ebene fortzuführen, was von beiden Seiten gelang, indem alles Politische ausgeklammert wurde. Als Anfang Oktober 1918 die deutsche Regierung in ihrem aussichtslos gewordenen Kriegstreiben von den Amerikanern Frieden und Waffenstillstand erbat und in der Folge das deutsche Kaiserreich zerfiel, ist das für Einstein wie ein Befreiungsschlag.

1922 wird Einstein der Nobelpreis für Physik verliehen. Mit Ehefrau Elsa geht es immer öfter ins nichteuropäische Ausland zu Vortragsreisen und Forschungsaufenthalten, sodass seine Popularität weiter steigt. Der Austausch mit der internationalen Friedensbewegung verstetigt sich. Als die politischen Verhältnisse in der zweiten Hälfte der 1920er-Jahre immer reaktionärer wurden, wurde Einstein, auch zum Ärger seiner Kollegen, immer linker, schreibt der Wissenschaftshistoriker Dieter Hoffmann.

Seine Auslandsreisen wurden daher ebenso beobachtet wie seine Aktivitäten in Deutschland. Alles wurde registriert: seine Aktivitäten in der Nachfolgeorganisation des verbotenen Bundes Neues Vaterland, in der 1921 gegründeten Deutschen Liga für Menschenrechte, in dem Vorstand der Gesellschaft der Freunde des neuen Russland sowie im Kuratorium der Internationalen Arbeiterhilfe.

Korrespondenzen mit Gorki, Gandhi und Freud

Am Anfang der 1930er-Jahre hatte Einstein seine wichtigsten Entdeckungen vollbracht. Seinen wissenschaftlichen Beiträgen zur Physik folgten nun vermehrt politische Aktivitäten und persönliche Reflexionen.

Zu seinen reichlich geführten Korrespondenzen gehören auch Briefe mit Maxim Gorki, den er sehr schätzte, und Mahatma Gandhi, dessen Konzept der Gewaltlosigkeit ihn faszinierte. Ein Briefwechsel mit Sigmund Freud mit Fragen Einsteins zur psychologischen Beschaffenheit des Menschen wird mit dem Titel „Warum Krieg?“ im Jahr 1933 veröffentlicht. 1934 erfolgt die erstmalige Veröffentlichung seines Buches „Mein Weltbild“, in dem seine Gedanken, Vorträge, Briefwechsel, Bekenntnisse aus seinem Leben zusammengefasst sind.

Noch im Juli 1932 unterstützte er eine Kundgebung gemeinsam mit Heinrich Mann, Ernst Toller, Käthe Kollwitz und Arnold Zweig, um vor der „Gefahr einer Faschisierung“ zu warnen. Sie riefen zu einem Zusammengehen der Arbeiterparteien SPD und KPD zu einer „antifaschistischen Einheitsfront“ auf. Vergeblich. Die Nationalsozialisten wurden 1932 die stärkste Partei der Weimarer Republik. Einsteins Abreise im Dezember 1932 in die USA erwies sich als Segen. Wenige Wochen später wurde Hitler von Hindenburg zum Reichskanzler ernannt.

Den Nazis war Einstein als Jude, als Friedensaktivist, der den Sozialdemokraten und Sozialisten nahestand, und auch als Wissenschaftler dermaßen verhasst, dass direkt nach dem „Ermächtigungsgesetz“ im März 1933 gegen ihn ein Disziplinarverfahren zum Ausschluss aus der Akademie der Wissenschaften eröffnet wurde. Einstein war dem jedoch zuvorgekommen und hatte seinen Austritt aus der Akademie vom Ausland aus selber erklärt. Der Einstein-Biograf Albrecht Fölsing schreibt, dass dies zu einer unbeschreiblichen Wut im nun der NSDAP unterstehenden Ministerium geführt haben soll.

Einstein war jedoch alles andere als voller Hass, sondern ein zuversichtlicher, positiv und in Lösungen denkender Mensch. So schrieb er in „Mein Weltbild“: „Ich denke immerhin so gut von der Menschheit, dass ich glaube, dieser Spuk (der Krieg) wäre schon längst verschwunden, wenn der gesunde Sinn der Völker nicht von geschäftlichen und politischen Interessen durch Schule und Presse systematisch korrumpiert würde.“

Unterschrift unter das berühmte Russel-Einstein-Manifest

Vor dem Hintergrund der Ungewissheit, ob Hitler Nuklearwaffen entwickeln könnte, sah sogar Einstein sich gezwungen, dem amerikanischen Präsidenten Roosevelt den Bau einer Atombombe zu empfehlen, die zu Einsteins Entsetzen in Hiroshima zum Einsatz kam. Zur dauerhaften Abschaffung der Kriegsgefahr erachtete er jedoch nicht das Wettrüsten, sondern „gemeinsame Aktionen“ der Nationen durch „friedliche Entscheidungen auf gesetzlicher Basis“ als notwendig.

Dazu sind heutzutage nationale wie internationale Organisationsstrukturen und Akteure vorhanden. Kurz vor seinem Tod am 18. April 1955 setzte er seine letzte Unterschrift unter das berühmte Russel-Einstein-Manifest, in dem von Wissenschaftlern aus allen Teilen der Welt vor der Gefahr eines Kernwaffenkrieges gewarnt wird.

Deutschland hat heute nach acht Jahrzehnten eines weitgehend friedlichen, von Kriegen verschonten Europas eine recht weitverbreitet pazifistisch sozialisierte Bevölkerung. Das ist ganz im Sinne Einsteins, denn damit einher geht ein hohes Maß an Eigenständigkeit, Bildung, Individualität, Humanität und Kreativität vieler Menschen.

Wenn wir zur besten Sendezeit jetzt eine bekannte Moderatorin sehen, die einen bekannten ehemaligen deutschen Diplomaten fragt: Wie können wir diese heutige (pazifistische) „DNA am schnellsten überschreiben?“, dann scheint es, dass Deutschlands Eliten im Kontext des Pazifismus den Rückwärtsgang eingelegt haben. Noch mehr, wenn der designierte Kanzler jetzt verkündet, er möchte wieder mehr „gesundes Nationalbewusstsein, Patriotismus“ erreichen und der Ukraine weitreichendere Waffen gegen Russland liefern.

Bei allem Verständnis für vernünftige Sicherheitspolitik angesichts veränderter Weltpolitik: Patriotische Emotionalisierung war gerade in Deutschland verhängnisvoll. Und wie Einstein schon sagte: „Frieden kann nicht mit Gewalt erhalten werden; er kann nur durch Verständnis erreicht werden.“

6. August – notwendige Anmerkungen zum Hiroschima-Tag

Der 6. August 1945, an dem die erste Atombombe über Hiroshima gezündet wurde, bezeichnet die eigentliche Zeitenwende. Als Tag Null bezeichnet der Philosoph Günther Anders den 6. August, der ein neues Zeitalter der Weltgeschichte eingeleitet habe.

Durch die Entwicklung der Atombombe und die Bereitschaft, sie einzusetzen, habe der Mensch erstmals gezeigt, dass er alles Leben auf diesem Planeten auslöschen kann. […]“ So beginnt ein fundierter Beitrag von Ute Rippel-Lau auf Telepolis, der unter https://www.telepolis.de/features/Zeitenwende-und-Hiroshima-9822288.html verlinkt ist und ausführlich die Hölle von Hiroshima beschreibt.

Wer vielleicht hoffte, im aktuellen sich liberal verstehenden Blätterwald (z. B. Süddeutsche, Neue Züricher Zeitung, Frankfurter Allgemeine, HNA etc.) passende Meldungen zu finden, wurde zwar überwiegend enttäuscht, konnte aber bei der Berliner Zeitung fündig werden: https://www.berliner-zeitung.de/panorama/atombombenabwurf-ueber-hiroshima-erinnerung-mit-zukunft-li.375470

IPPNW-Pressemitteilung vom 05. August 2024:

Nie wieder Hiroshima, nie wieder Nagasaki: Jede Atomexplosion schadet Generationen

IPPNW fordert klares Bekenntnis gegen Atomwaffentests

Die IPPNW gedenkt der Opfer der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki und fordert anlässlich des 79. Jahrestages ein klares Bekenntnis der internationalen Gemeinschaft gegen die Wiederaufnahme von Atomwaffentests. Atomexplosionen gefährden nicht nur die Gesundheit und das Leben heutiger Generationen, sondern auch die zukünftiger.

Die Abwürfe von Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki waren nicht die einzigen atomaren Explosionen, die menschliches Leid und Umweltzerstörungen verursachten. Weltweit gab es über 2.000 Atomwaffentests, welche die Menschen in den ehemaligen Testgebieten noch heute belasten.
“Ein Blick in die Geschichte zeigt die Folgen der Atomwaffeneinsätze in Hiroshima, Nagasaki, den Marshallinseln, Kasachstan, Nevada, Algerien, Australien, Französisch-Polynesien, Lop Nor und anderswo: die Menschen leiden an Krankheiten und an den Umweltfolgen, teilweise bereits in fünfter Generation. Die IPPNW dokumentiert die Geschichten dieser Überlebenden und gibt ihnen eine Stimme. Wir fordern Gerechtigkeit für die Betroffenen und die Sanierung ihrer Regionen,” sagt Dr. Angelika Claußen, Co-Vorsitzende der IPPNW.

Aktuell droht eine Wiederaufnahme der Atomwaffentests. Berater*innen von Donald Trump stellten für den Fall einer erneuten Präsidentschaft die Idee vor, wieder Atomwaffenversuche durchzuführen. Auch das “Project 2025”, ein Manifest für eine mögliche Wiederwahl Trumps, sieht eine Wiederaufnahme der Atomtests vor.


Sollten die Vereinigten Staaten wieder Atomwaffen für Testzwecke detonieren, würde dies eine neue Ära des Leidens für Mensch und Umwelt einläuten. Die erneute Kontamination hätte massive Folgen für die Gesundheit und Lebensweise der betroffenen Bevölkerung. Zudem könnte es Russland und möglicherweise China provozieren, ebenfalls wieder Atomwaffen zu testen – was die katastrophalen Konsequenzen vervielfachen würde.

Seit 1996 gibt es ein internationales Atomtest-Moratorium, doch der Vertrag über ein umfassendes Verbot aller Atomtests konnte aufgrund fehlender Ratifikationen bisher nicht in Kraft treten. Eine Wiederaufnahme von Atomwaffentests wäre das Ende dieses Vertrages, der eine starke internationale Norm gegen Atomtests etablierte.

Derzeit halten die USA, Russland und China Teile ihrer Atomtestgelände für eine Wiederaufnahme der Tests bereit. Einige Expert*innen bezweifeln jedoch, dass eine Rückkehr zu unterirdischen Explosionen nach 30 Jahren ohne unverhältnismäßigen Aufwand machbar sei. Die USA verfügen über genügend Daten aus alten Tests, um hochpräzise Testsimulationen durchzuführen, die die Erweiterung und Modernisierung des nuklearen Arsenals ermöglichen. Russland und China führten weniger Atomwaffentests durch und investierten weniger in deren computergestützte Simulation. Für sie wäre eine Wiederaufnahme von Atomtests durch die USA eine Gelegenheit, selbst mehr Daten zu sammeln. Eine solche Entwicklung muss unbedingt verhindert werden, da die Konsequenzen für die Menschheit und die Ökosysteme verheerend wären.

Ein Verbot von Atomwaffentests ist ein Bestandteil des UN-Atomwaffenverbotsvertrags, der 2021 in Kraft trat und von knapp der Hälfte aller Staaten unterschrieben wurde.


Weitere Informationen:
IPPNW-Website zu den Geschichten von Überlebenden der Atomwaffentests: survivors.ippnw.de
„Zeitenwende und Hiroshima“, Gastbeitrag von IPPNW-Vorstandsmitglied Ute Rippel-Lau
„Geschichte zeigt: Atomwaffen sind keine Sicherheitsgarantie“, Gastbeitrag von IPPNW-Mitglied Rolf Bader

Sehr beeindruckende Dokumentation über den Gebrauch von Atombomben:

https://www.spiegel.de/geschichte/atomare-wuesten-im-niemandsland-der-strahlenkatastrophe-a-947157.html#fotostrecke-2d9178f7-0001-0002-0000-000000107025

https://www.ippnw.de/startseite/artikel/de/nie-wieder-hiroshima-nie-wieder-nag.html

dpa_7420995_atombombe_hiroshima

Immer noch aktuell: Text des Kasseler Friedensforums 2023

Am 6. August 1945 warf ein US-Kampfbomber über Hiroshima die erste Atombombe ab. Nur drei Tage später, am 9. August, folgte der Abwurf einer Plutoniumbombe auf Nagasaki.

In Hiroshima waren in einem Umkreis von einem halben Kilometer 90% der Menschen sofort tot. Es folgten eine ungeheure Druckwelle und Feuerstürme mit 250 km/h, mit Bodentemperaturen von 1000º C. Bereits nach 4 Monaten waren an den unmittelbaren Folgen in Hiroshima 136.000 und in Nagasaki 64.000 Menschen gestorben. Und das Leiden und Sterben ging und geht weiter…..

Haben die Menschen aus der Atombombenkatastrophe gelernt?

Nein! Die neun Atomwaffenstaaten, an der Spitze Russland und die USA, verfügen weiterhin nach Stand Anfang 2023 über 12512 Nuklearwaffen. Die Verpflichtung zur Abrüstung, die sich aus dem Atomwaffensperrvertrag ergibt, hat sich ins Gegenteil verkehrt. Das atomare Wettrüsten ist im vollen Gang. Die wachsende Rivalität der Großmächte, offene Drohungen sowie das Risiko eines technischen oder menschlichen Versagens, lassen das Schlimmste befürchten.

Ja! Am 8. Juli 1996 hat der Internationale Gerichtshof festgestellt, dass die Androhung und der Einsatz von Atomwaffen völkerrechtswidrig sind.

Am 26. März 2010 forderte der Bundestag fraktionsübergreifend die Bundesregierung auf, sich für den Abzug der in Büchel/Eifel verbliebenen US-Atombomben einzusetzen.

Nein! Dieser Beschluss wurde bis heute von keiner Bundesregierung umgesetzt. Die Modernisierung dieser Atombomben wird sogar von der Bundesregierung mit erheblichen finanziellen Mitteln unterstützt.

Ja! Am 7.Juli 2017 beschlossen 122 der 193 UN-Mitgliedsstaaten einen Vertrag zum Verbot von Atomwaffen. Dieser trat am 22. Januar 2021 in Kraft. Bis September 2022 haben den Vertrag 91 Staaten unterzeichnet und 68 ratifiziert.

Nein! Die Bundesregierung hält daran fest, sich an der nuklearen Drohung der US-Amerikaner zu beteiligen, was als „nukleare Teilhabe“ bezeichnet wird. Das bedeutet: Kein Beitritt zum Atomwaffenverbots-Vertrag, Kauf von atomwaffenfähigen F 35-Kampfjets.

Zusätzlich einigten sich Deutschland, Frankreich und Spanien am 18.11.22 endgültig auf das Luftkampfsystem (FCAS), bestehend aus Kampfjets und Drohnen. Das Projekt wird durch unterschiedliche Interessen der beteiligten Rüstungskonzerne verzögert.

Ja! Die Stadtverordnetenversammlung Kassel beschloss am 20. Mai 2019, den ICAN-Städte-Appell zu unterstützen. Dieser Appell sollte den Druck auf die Bundesregierung erhöhen, den UN-Vertrag zum Atomwaffenverbot zu unterschreiben.

Nochmal Ja! Wir werden uns weiter einsetzen: Für den Abzug der US-Atombomben in Büchel/Eifel, für das Verbot von Atombomben, für Abrüstungsverträge, für eine Welt ohne Atomwaffen.

https://www.kasseler-friedensforum.de/755/vortraege/Nichts-gelernt-Atombombenabwuerfe-auf-Hiroshima-und-Nagasaki