„Trierer Rede“: Freiheit in den Demokratien akut gefährdet

Weitergereicht und empfohlen!

(pe) Bei der „Trierer Rede“, die auf Einladung der Stadt Trier jährlich am 5. Mai zum Geburtstag von Karl Marx stattfindet, setzte sich der Publizist und Historiker Dr. Ilko-Sascha Kowalczuk in der voll besetzten Promotionsaula mit der hochaktuellen Frage auseinander, welchen Stellenwert Demokratie und Freiheit in der heutigen Gesellschaft haben. Angesichts vielfältiger Bedrohungen durch aggressive und autoritäre Entwicklungen auf internationaler Ebene, nicht zuletzt mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine, aber auch in der Innenpolitik, ist er eher pessimistisch: „Die Freiheitserfahrung durch den Mauerfall 1989 hat für mich das größte politische Glück meines Lebens bedeutet. Ich habe aber die Gewissheit von 1989 verloren, nie wieder Diktatur und Unfreiheit zu erleben“, so Kowalczuk. Die Lage sei auch deswegen so dramatisch, weil der Kampf um Freiheit nicht nur in Deutschland geführt werde, sondern in vielen Ecken der Welt. Trotz allem hoffe er weiterhin, dass seine pessimistischen Befürchtungen nicht eintreten würden. 

Im ersten Teil seiner Rede plädierte Kowalczuk nach der Begrüßung durch Kulturdezernent Markus Nöhl unter anderem dafür, Karl Marx losgelöst von dem ideologischen Missbrauch durch die kommunistischen Regimes zu sehen und seine bemerkenswerten Ideen zum Thema Freiheit neu zu entdecken. Die Aufzeichnung der „Trierer Rede“ 2025 ist über den Trierer Bürgerrundfunk verfügbar: www.ok54.de.

Neue Forderung nach Kriegstüchtigkeit – „eine Art geistiger Epidemie“ ?

Zum 70. Todestag von Albert Einstein: Das Genie als Pazifist

Gastbeitrag von Karin Jansen. (Dieser Beitrag unterliegt der Creative-Commons-Lizenz (CC BY-NC-ND 4.0). Er darf für nichtkommerzielle Zwecke unter Nennung des Autors und der Berliner Zeitung und unter Ausschluss jeglicher Bearbeitung von der Allgemeinheit frei weiterverwendet werden.)

Zwar war der 70. Todestag Albert Einsteins schon am 18. April dieses Jahres. Aber die gegenwärtige öffentliche Debatte über Kriegstüchtigkeit, Aufrüstung der Bundeswehr und der Ukraine sowie deren militärische Unterstützung durch EU und NATO gibt Anlass, Einsteins Beobachtungen und Argumente im Zusammenhang mit den Vorbereitungen der beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts ins Bewusstsein zu heben.

Es ist doch erstaunlich dabei festzustellen, wie wenig sich seit den Bemerkungen des Friedensnobelpreisträgers geändert hat.

Zum 70. Todestag von Albert Einstein: Das Genie als Pazifist

02.05.25 – Pressenza Berlin

Albert Einstein mit seiner ersten Frau Mileva Marić (Bild von wikimedia commons)

Einstein war nicht nur ein legendärer Physiker, sondern auch ein unerschrockener Friedensaktivist, der das Kriegstreiben seiner Zeitgenossen scharf kritisierte.

von Karin Jansen für die Berliner Zeitung

„Wenn einer mit Vergnügen in Reih und Glied zu einer Musik marschieren kann, dann verachte ich ihn schon. Er hat sein großes Gehirn nur aus Irrtum bekommen, da für ihn das Rückenmark schon völlig genügen würde. Diesen Schandfleck der Zivilisation sollte man so schnell wie möglich zum Verschwinden bringen. Heldentum auf Kommando, sinnlose Gewalttat und die leidige Vaterländerei, wie glühend hasse ich sie, wie gemein und verächtlich scheint mir der Krieg ….“ Mit diesen drastischen Worten beschrieb Albert Einstein 1931 in einem Essay, was er zeit seines Lebens verabscheute: Gewalt, Militär, Krieg und blinden Gehorsam.

Der in Ulm geborene Einstein legte bereits kurz vor seinem 16. Lebensjahr die deutsche Staatsbürgerschaft ab und verließ Deutschland, um der Wehrpflicht zu entgehen. Stattdessen genoss er seine letzten Schuljahre in der liberalen Schweiz, glücklich darüber, dem autoritären preußischen Drill entkommen zu sein. Auch seine Karriere als Wissenschaftler startete, wenn auch holprig, in der Schweiz, wo er mit seiner ersten Ehefrau, der Physikerin Mileva, viele Jahre lebte.

Kritik an der allgegenwärtigen Kriegseuphorie

Im April 1914 fand sich Einstein, bereits mit der „Speziellen Relativitätstheorie“ samt seiner berühmten Formel E=mc² im Gepäck, in dem ihm eigentlich nicht sympathischen deutschen Kaiserreich ein. In Berlin erhielt er jedoch eine hervorragende Forschungsprofessur an der Universität, wird Mitglied der Physikalisch-Mathematischen Klasse der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften und übernimmt später die Leitung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Physik. Eine für ihn lukrative, aber auch sehr ambivalente Lebenssituation beginnt.

Seine hohen Stellungen in den eher konservativen Professorenkreisen halten ihn nicht davon ab, die allgegenwärtige Kriegseuphorie zu kritisieren, wenn auch in seinen privaten Briefen ins Ausland schärfer als gegenüber seinen deutschen Kollegen. An einen Freund im neutralen Holland schreibt er nach dem Kriegsausbruch im August 1914: „Unglaubliches hat Europa nun in seinem Wahn begonnen … In solchen Zeiten sieht man, welch trauriger Viehgattung man angehört …“

Aufforderung zum Verzicht auf Annexionen

So weigert sich Einstein, einen „Aufruf an die Kulturwelt“ zu unterschreiben, der den Angriffskrieg Deutschlands propagandistisch verteidigt und zunächst von 93 namhaften Vertretern aus Wissenschaft und Kultur unterstützt wird. Stattdessen schließt er sich einem Gegenmanifest an, in dem zur Schaffung einer dauerhaften europäischen Friedensordnung mit der Aufforderung zum Verzicht auf Annexionen aufgerufen wird.

Das Manifest fand wenig Zustimmung, doch Einstein wollte seine pazifistische Gesinnung nicht aufgeben. Im Gegenteil wurde er kurz darauf Gründungsmitglied des Bundes Neues Vaterland, dem auch der spätere Bürgermeister Berlins Ernst Reuter beitrat, in dem Pläne für ein friedliches Europa diskutiert und bedrängte Pazifisten unterstützt wurden.

In seiner Schrift „Meine Meinung über den Krieg“ legt Einstein konsequent seine Ablehnung jedwedes Krieges dar sowie die Notwendigkeit einer neuen staatlichen Ordnung in Europa, die europäische Kriege ausschließen müsse: „Die feinen Geister aller Zeiten waren darüber einig, dass der Krieg zu den ärgsten Feinden der menschlichen Entwicklung gehört, dass alles zu seiner Verhütung getan werden müsse.“

Er kritisierte den grassierenden Patriotismus, der die Kriegsstimmung anheizte und „dass der Verherrlichung des Krieges … von allen wirklichen Freunden menschlichen Fortschritts energisch entgegengewirkt werden muss.“ Schärfere Formulierungen wurden gestrichen. Mit dem unerwartet lange anhaltenden Krieg wurde der pazifistische Bund Neues Vaterland 1916 verboten.

„Die Zeit erinnert mich an die der Hexen-Prozesse“

Einstein stand den Menschen im Rausch ihrer Kriegseuphorie weiterhin fassungslos gegenüber. Er musste zusehen, wie viele seiner Kollegen mittlerweile für die Kriegsindustrie tätig wurden. In einem anderen Brief schilderte er die Situation als „eine Art geistiger Epidemie“. Er schreibt: „Wenn ich mit den Menschen rede, fühle ich das Pathologische des Gemütszustandes. Die Zeit erinnert mich an die der Hexen-Prozesse und sonstigen religiösen Verirrungen … Ich könnte mir die Menschen nicht vorstellen, wenn ich sie nicht vor mir sähe.“

Aufgrund seiner beruflichen Stellung war er gezwungen, auch willens, mit seinen Kollegen eine gute Zusammenarbeit auf wissenschaftlicher Ebene fortzuführen, was von beiden Seiten gelang, indem alles Politische ausgeklammert wurde. Als Anfang Oktober 1918 die deutsche Regierung in ihrem aussichtslos gewordenen Kriegstreiben von den Amerikanern Frieden und Waffenstillstand erbat und in der Folge das deutsche Kaiserreich zerfiel, ist das für Einstein wie ein Befreiungsschlag.

1922 wird Einstein der Nobelpreis für Physik verliehen. Mit Ehefrau Elsa geht es immer öfter ins nichteuropäische Ausland zu Vortragsreisen und Forschungsaufenthalten, sodass seine Popularität weiter steigt. Der Austausch mit der internationalen Friedensbewegung verstetigt sich. Als die politischen Verhältnisse in der zweiten Hälfte der 1920er-Jahre immer reaktionärer wurden, wurde Einstein, auch zum Ärger seiner Kollegen, immer linker, schreibt der Wissenschaftshistoriker Dieter Hoffmann.

Seine Auslandsreisen wurden daher ebenso beobachtet wie seine Aktivitäten in Deutschland. Alles wurde registriert: seine Aktivitäten in der Nachfolgeorganisation des verbotenen Bundes Neues Vaterland, in der 1921 gegründeten Deutschen Liga für Menschenrechte, in dem Vorstand der Gesellschaft der Freunde des neuen Russland sowie im Kuratorium der Internationalen Arbeiterhilfe.

Korrespondenzen mit Gorki, Gandhi und Freud

Am Anfang der 1930er-Jahre hatte Einstein seine wichtigsten Entdeckungen vollbracht. Seinen wissenschaftlichen Beiträgen zur Physik folgten nun vermehrt politische Aktivitäten und persönliche Reflexionen.

Zu seinen reichlich geführten Korrespondenzen gehören auch Briefe mit Maxim Gorki, den er sehr schätzte, und Mahatma Gandhi, dessen Konzept der Gewaltlosigkeit ihn faszinierte. Ein Briefwechsel mit Sigmund Freud mit Fragen Einsteins zur psychologischen Beschaffenheit des Menschen wird mit dem Titel „Warum Krieg?“ im Jahr 1933 veröffentlicht. 1934 erfolgt die erstmalige Veröffentlichung seines Buches „Mein Weltbild“, in dem seine Gedanken, Vorträge, Briefwechsel, Bekenntnisse aus seinem Leben zusammengefasst sind.

Noch im Juli 1932 unterstützte er eine Kundgebung gemeinsam mit Heinrich Mann, Ernst Toller, Käthe Kollwitz und Arnold Zweig, um vor der „Gefahr einer Faschisierung“ zu warnen. Sie riefen zu einem Zusammengehen der Arbeiterparteien SPD und KPD zu einer „antifaschistischen Einheitsfront“ auf. Vergeblich. Die Nationalsozialisten wurden 1932 die stärkste Partei der Weimarer Republik. Einsteins Abreise im Dezember 1932 in die USA erwies sich als Segen. Wenige Wochen später wurde Hitler von Hindenburg zum Reichskanzler ernannt.

Den Nazis war Einstein als Jude, als Friedensaktivist, der den Sozialdemokraten und Sozialisten nahestand, und auch als Wissenschaftler dermaßen verhasst, dass direkt nach dem „Ermächtigungsgesetz“ im März 1933 gegen ihn ein Disziplinarverfahren zum Ausschluss aus der Akademie der Wissenschaften eröffnet wurde. Einstein war dem jedoch zuvorgekommen und hatte seinen Austritt aus der Akademie vom Ausland aus selber erklärt. Der Einstein-Biograf Albrecht Fölsing schreibt, dass dies zu einer unbeschreiblichen Wut im nun der NSDAP unterstehenden Ministerium geführt haben soll.

Einstein war jedoch alles andere als voller Hass, sondern ein zuversichtlicher, positiv und in Lösungen denkender Mensch. So schrieb er in „Mein Weltbild“: „Ich denke immerhin so gut von der Menschheit, dass ich glaube, dieser Spuk (der Krieg) wäre schon längst verschwunden, wenn der gesunde Sinn der Völker nicht von geschäftlichen und politischen Interessen durch Schule und Presse systematisch korrumpiert würde.“

Unterschrift unter das berühmte Russel-Einstein-Manifest

Vor dem Hintergrund der Ungewissheit, ob Hitler Nuklearwaffen entwickeln könnte, sah sogar Einstein sich gezwungen, dem amerikanischen Präsidenten Roosevelt den Bau einer Atombombe zu empfehlen, die zu Einsteins Entsetzen in Hiroshima zum Einsatz kam. Zur dauerhaften Abschaffung der Kriegsgefahr erachtete er jedoch nicht das Wettrüsten, sondern „gemeinsame Aktionen“ der Nationen durch „friedliche Entscheidungen auf gesetzlicher Basis“ als notwendig.

Dazu sind heutzutage nationale wie internationale Organisationsstrukturen und Akteure vorhanden. Kurz vor seinem Tod am 18. April 1955 setzte er seine letzte Unterschrift unter das berühmte Russel-Einstein-Manifest, in dem von Wissenschaftlern aus allen Teilen der Welt vor der Gefahr eines Kernwaffenkrieges gewarnt wird.

Deutschland hat heute nach acht Jahrzehnten eines weitgehend friedlichen, von Kriegen verschonten Europas eine recht weitverbreitet pazifistisch sozialisierte Bevölkerung. Das ist ganz im Sinne Einsteins, denn damit einher geht ein hohes Maß an Eigenständigkeit, Bildung, Individualität, Humanität und Kreativität vieler Menschen.

Wenn wir zur besten Sendezeit jetzt eine bekannte Moderatorin sehen, die einen bekannten ehemaligen deutschen Diplomaten fragt: Wie können wir diese heutige (pazifistische) „DNA am schnellsten überschreiben?“, dann scheint es, dass Deutschlands Eliten im Kontext des Pazifismus den Rückwärtsgang eingelegt haben. Noch mehr, wenn der designierte Kanzler jetzt verkündet, er möchte wieder mehr „gesundes Nationalbewusstsein, Patriotismus“ erreichen und der Ukraine weitreichendere Waffen gegen Russland liefern.

Bei allem Verständnis für vernünftige Sicherheitspolitik angesichts veränderter Weltpolitik: Patriotische Emotionalisierung war gerade in Deutschland verhängnisvoll. Und wie Einstein schon sagte: „Frieden kann nicht mit Gewalt erhalten werden; er kann nur durch Verständnis erreicht werden.“

„In eine Krise geraten“

Sprachgebrauch zur Ablenkung vom VerUrsacherprinzip

Obwohl allgemein jüngere Mitmenschen anscheinend das öffentlich rechtliche TV meiden, wenn nicht sogar verachten, gelten deren Sender – abgesehen von überregionalen Zeitungen – noch immer als Leitmedien. Denn deren Auswahl der Themen und ihr Sprachgebrauch leiten die Aufmerksamkeit der Menschen und die Verwendung von Denkmustern weiter.

Nach der Dauerkrise im Kalten Krieg, die praktisch mit dem Rücktritt Michail Gorbatschows 1991 endete, scheinen wir heutzutage von lauter Krisen geradezu umzingelt zu sein. Definition laut Duden: schwierige Lage, Situation, Zeit [die den Höhe- und Wendepunkt einer gefährlichen Entwicklung darstellt]; Schwierigkeit, kritische Situation; Zeit der Gefährdung, des Gefährdetseins.

Das Magazin manager zählt aktuelle Krisen auf und nennt beispielsweise Wirtschafts- und Energiekrise, Inflation, Coronakrise, Ukraine-Krieg, Taiwan-Konflikt, Chip-Krise, Fachkräftemangel, Schuldenkrise armer Länder, USA-China-Konflikt, Klimakrise.

https://www.manager-magazin.de/politik/inflation-energiekrise-klimakrise-und-co-uebersicht-ueber-alle-krisen-die-die-welt-derzeit-plagen-a-9c436a59-b3c9-45ba-ac4e-8110a729d4b4

Abgesehen von der Auswirkung der Vulkanausbrüche mit den riesigen Aschewolken oder vielleicht auch Tsunamis auf das globale Klima besteht bei genauerem Hinsehen die Ursache der jeweiligen Krise im vorangegangenen menschlichen Handeln. Wenn aber „die Menschenrechte weltweit in eine Krise geraten sind„, wie es in den ARD-„Tagesthemen“ am 29. April 2025 hieß, dann ist das wie ein unabwendbares Naturereignis. Es gibt also demnach keine Menschen, die etwas damit zu tun hätten, die zur Verantwortung zu ziehen wären.

Und was meint Amnesty International? (Mittwoch, 30. April 2025, Waldeckische Landeszeitung / Politik; DPA)

„Brandbeschleuniger“ in der Menschenrechtskrise

Berlin – Die Welt in einer „globalen Menschenrechtskrise“ mit US-Präsident Donald Trump als „Brandbeschleuniger“: Amnesty International zeichnet im aktuellen Jahresbericht eine düstere Prognose für die kommenden Monate. Mit Trumps Wiederwahl drohe „das Ende der Regeln und Einrichtungen, die nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffen wurden, um Frieden, Freiheit und Würde aller Menschen auf der Welt zu sichern“, sagte Generalsekretärin Julia Duchrow.

100 Tage nach Amtsantritt der neuen US-Regierung hätten sich „die Negativ-Trends der letzten Jahre verschärft“. Das Abschneiden von „humanitärer Hilfe bringt Gefahr für Millionen Menschen“, sagte Julia Duchrow. In den USA soll die insbesondere auch für Afrika bedeutende Entwicklungshilfe-Behörde USAID bis 1. Juli zerschlagen werden.

„Wir sehen furchterregende Entwicklungen, und es scheint, als würde diese Regierung eine neue Ära autoritärer Praktiken einläuten, wobei sie gleichzeitig eine Spur der Verwüstung, Verwirrung und Angst hinterlässt“, sagte Nadia Daar von der US-Abteilung der Organisation. „Präsident Trump hat Normen und Institutionen ausgehöhlt und dadurch einen menschenrechtlichen Notstand geschaffen.“

Daar nannte unter anderem die Abschiebung von Kilmar Ábrego García und anderen nach El Salvador als Beispiel. „Wir erleben eine tyrannische und chaotische Außenpolitik, die mit unverhohlenen Drohungen militärischer Maßnahmen und Zöllen weltweit für wirtschaftliches Chaos sorgt.“

International sei zu beobachten, dass Menschenrechtsverletzungen „nicht mehr geleugnet oder vertuscht, sondern ausdrücklich gerechtfertigt“ würden, sagte Duchrow. Weltweit gebe es eine Zunahme von Konflikten.

„Wer sich nicht wehrt lebt verkehrt“?

Aus Opas unordentlichem Leben (3)

Man erinnere sich: Jene Jungspunde, die wir als „68-er“ in der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte – erst als APO und dann mit dem Marsch durch die Institutionen – etwa ein halbes Jahrhundert prägten, sowohl gesamtgesellschaftlich als auch kulturell und künstlerisch, haben ursprünglich mit diesem „sich wehren“ zu Demonstrationen gegen Regierungspläne und -handeln (z. B. Polizeigewalt, Notstandsgesetze, Volkszählung) mit einem Ausrufezeichen aufgerufen.

Demo 1968 in Gießen gegen die geplanten Notstandsgesetze. (Foto: admin)

Inzwischen wurde die grundgesetzliche Wehrpflicht ausgesetzt und die Bundeswehr hat darum zu wenig Personal. Somit sei Deutschland nicht wehrfähig, meint nicht nur der Verteidigungsminister, der ja auch in der kommenden Regierung sein Amt behalten soll. Der SPD-Politiker möchte die Wehrerfassung so verbessern, dass mit Vollendung des 18. Lebensjahres alle jungen Menschen als wehrfähig erfasst und verpflichtet werden können.

Hierzu gibt der folgende Kommentar zu einem Kommentar in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) eine Orientierungshilfe:

Ehre, wem Ehre gebührt!

Die zwanghafte Mystik der Jahreszahlen: Alle haben dies Gedenkjahr unaufhaltsam auf sich zukommen sehen, die Redakteure der „Leitmedien“, die für ihre Brötchengeber nach und nach an 80 Jahre zurückliegende Ereignisse erinnern sollen.

Zwar ließ sich am 27. Januar nicht vermeiden, dass trotz der aktuell offiziösen Russophobie anlässlich der Gedenkfeiern an die Befreiung des KZ Auschwitz die Soldaten der Sowjetarmee erwähnt wurden, auch wenn es sich erst – noch unkorrigiert – so anzuhören schien, als seien Amerikaner die Befreier gewesen.

Aber nun, da es um die Befreiung des KZ Buchenwald am 11. April 1945 geht, war in der Tagesschau vom 6. April 2025 tatsächlich schon zu hören, es sei von amerikanischen Soldaten befreit worden. Auch wer „Befreiung KZ Buchenwald“ googelt erhält diese Auskunft:

Am 11. April 1945 hatten amerikanische Truppen das KZ Buchenwald befreit und fanden dort noch 21.000 überlebende Häftlinge vor. In Buchenwald waren während der NS-Zeit insgesamt fast 280.000 Menschen inhaftiert.

Weil das nachweislich nicht den historisch belegten Tatsachen entspricht, denen zufolge die selbstorganisierten Gefangenen sich schon befreit und teilweise sogar Wachpersonal gefangen hatten, bevor Soldaten der amerikanischen 3. Armee des Generals Patton erreichten, sei der folgende – sehr informative Artikel dringend empfohlen:

https://www.jungewelt.de/artikel/497495.antifaschismus-aus-eigener-kraft.html

In Anbetracht der weiter anstehenden geschichtsträchtigen Daten in diesem Jahr ist zu befürchten, dass noch mehr für Fakten-Checker zu tun sein wird.

Nur noch politische Schweinereien?

Wer hätte dergleichen noch vor 15 Jahren in Deutschland für möglich gehalten?

1.) Der durch eine Wahl faktisch abgewählte alte Bundestag beschließt in den ihm nach der Wahl verbliebenen zwei Wochen Restlaufzeit gemeinsam mit der ebenfalls abgewählten Noch-Koalitionsregierung ein Billionen-Schuldenpaket, das überwiegend für Kriegs- und Rüstungskredite bestimmt ist und von den kommenden zwei Generationen mit Zins und Zinseszins abgestottert werden soll!

„Der 20. Deutsche Bundestag hat am Dienstag, 18. März 2025, wenige Tage vor dem Zusammentritt des künftigen Bundestages, den von SPD und CDU/CSU eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes (20/15096) gebilligt. Namentlich stimmten 512 Abgeordnete für das zuvor im Haushaltsausschuss noch geänderte Gesetz (20/15117), 206 votierten dagegen, es gab keine Enthaltung.“ (Quelle: bundestag.de)

Das aus haushaltsrechtlichen Gründen in Orwellscher Manier „Sondervermögen“ genannte Schuldenpaket enthält auch noch – quasi als Trostpflaster – ein Milliarden schweres „Infrastruktur-Paket“ für die Sanierung von Straßen, Brücken, Schulen und Bundesbahn. Dabei haben die aktuellen Regierungs-Koalitionsparteien SPD und CDU/CSU in den vergangenen 20 Jahren diese Schäden mit ihrer Sparsamkeitspolitik („Schuldenbremse“ und „schwarze Null“) doch selbst sehenden Auges verursacht.

2.) Das gerade neu konstituierte Bundesparlament kann seine Arbeit nicht termingerecht aufnehmen, weil ein selbsternannter Ältestenrat die erste reguläre Arbeitssitzung vertagt hat.

Welche Debattenbeiträge werden da gefürchtet und sollen verzögert werden? Hat es da vielleicht in den Leitmedien ein Protestgeschrei gegeben? Ach woher. Man starrt vielmehr auf die Koalitonsverhandlungen, deren Matadore Merz und Klingbeil sich mittlerweile sogar duzen. Eine Klassenkampf-Barriere also schon mal weniger zwischen dem Black Rock-Epigonen und dem vermeintlichen Sozi. Da können sich auch Linke und Grüne eine Teilhabe vorstellen.

Der nochmal davongekommene Vaterlandsverteidiger

Aus Opas unordentlichem Leben (2)

Im Jahr meiner Geburt war der 2. Weltkrieg so lange noch ein Europa-Krieg, bis die ach so „kriegstüchtige“ deutsche Armee, genannt „Wehrmacht“, am 22. Juni mit knapp 3,3 Millionen Soldaten die Sowjetunion überfiel. Kein Wunder, dass deutsche Frauen vom herrschenden NS-Regime ermutigt wurden, möglichst viele Kinder zu bekommen. Meine noch ledige, gerade 17-jährige Mutter Eleonore Noll und mein noch in erster Ehe verheirateter Vater Hans Zimmermann hatten sich durch gemeinsame Schauspielerei in Koblenz kennen gelernt.

Folglich lag ich im Frühjahr 1941 im Kinderwagen vor dem Friedländer Weg 58 in der Universitätsstadt Göttingen und wartete auf meine Zukunft. Dass ich in den folgenden vier Jahren nicht nur in München amerikanische Bombenangriffe sondern 1945 in Dresden die schweren britischen Bombenangriffe überleben würde, hätte vermutlich niemand für möglich gehalten. Vorsichtigen Schätzungen zufolge forderten letztere etwa 25.000 Menschenleben. (Vielleicht fühlt sich mancher beim Anblick des Fotos von der zerstörten Dresdener Altstadt an neuere Bilder aus Gaza oder Beirut erinnert?)

„Wenn Deutschland gesiegt hätte, müssten wir jetzt bestimmt irgendwo in der Ukraine Wache schieben“, scherzte mein Freund Freddy auf der Fete, als ich 21 Jahre alt wurde. Wegen unseres Abitur-Lehrgangs waren wir vom Wehrdienst freigestellt worden. Damals bestand noch Wehrpflicht, es herrschte Kalter Krieg zwischen dem kapitalistischen und dem sozialistischen System, und gegen den „Dienst an der Waffe“ musste man notfalls seine Gewissensentscheidung juristisch verteidigen.

Aus einem dieser Verfahren kursierte die folgende Fangfrage: „Was machen Sie, wenn ein Russe mit seiner Kalaschnikow vor Ihnen steht?“

So eine Frage musste ich – nach meinem Abi – deswgen nicht beantworten, weil Vater inzwischen von Salzburg in die DDR nach Gera umgezogen war und ich somit als Verwandter ersten Grades für die Bundeswehr ein Sicherheitsrisiko geworden wäre. Als Beleg brauchte ich nur ein Briefkuvert mit seinem Absender und einem neueren Poststempel vorzulegen.

Derzeit ist mal wieder viel über Russland zu lesen, zu hören und zu sehen. Wer dabei an Propaganda denkt, könnte Recht haben. Deutschland müsse unbedingt bald „kriegsfähig werden“ heißt die – sich wie in Echokammern wiederholende – Parole. Zwar sind wir (noch) mit Russland nur in einem Wirtschaftskrieg, aber doch nur deswegen, weil unsere Regierung ebenso wie die EU beschlossen hat, die Ukraine in dem angeblichen „Verteidigungskrieg“ gegen Russland um jeden Preis mit reichlich Waffen und viel Geld zu unterstützen.

Wenn wir sowieso die Bundeswehr haben, muss sie sich auch mal gegen jemand wehren können, scheinen nun unsere politischen Spitzen zu meinen. Und wie begründet man gegenüber dem Volk die 1,7 Billionen Euro neue Schulden, die für die Aufrüstung gebraucht werden? Schon um 1513 riet Niccolò Machiavelli im Il Principe den Regierenden, dem Volk vor einem gemeinsamen Feind Angst zu machen, damit es infolge dessen leichter beherrschbar ist. Nach Covid 19 nun also wieder Russland. Aha! Den nach Ende des Kalten Krieges aufgelösten Heimatschutz gibt es wieder: „Zum 1. April 2025 werden die Heimatschutzregimenter und Heimatschutzkompanien, die bisher den Landeskommandos unterstellt waren, dem Kommando Heer unterstellt.“ (Wikipedia)

Wer – bitte – kennt noch die Forderung „Frieden schaffen ohne Waffen“? Dafür bräuchte es auch keine Diskussion um die Schuldenbremse, aber guten Willen.

Der etwas verspätete Künstler-Sohn

Aus Opas unordentlichem Leben (1)

Auch eine Binsenweisheit kann man ruhig mal wiederholen: Jeder Mensch ist einzigartig, mithin etwas Besonderes. Darin sind sich inzwischen Psychologen, Genetiker und Anthropologen einig. Folglich sind ja auch im Grunde alle möglichen Verallgemeinerungen falsch. So etwa auch die: Vor allem junge Mütter sind überzeugt, ihr Kind sei ein besonderes.

Ein besonderes Kind wäre es schon, wenn es sozusagen eine Eigenschaft besitze, die – objektiv – nur ein Siebtel der Menschheit haben könne: Wenn es nämlich an einem Sonntag Geburtstag hat. So ein Sonntagkind habe voraussichtlich im Leben viel Glück und unbewusste Vorteile gegenüber den anderen sechs Siebteln.

Mit Bedauern in der Stimme aber leicht schmunzelnd erzählte mir meine Mutter eines Tages, als sie schon keine Schauspielerin mehr und ich noch ein Jüngling war, leider sei ich wegen zehn Minuten Verspätung kein Sonntagskind mehr geworden. Ob sich vielleicht dahinter ein Mythos verbirgt, ein letztlich negativer gar, der sich zur Erklärung so mancher seltsamen oder auch merkwürdigen Erlebnisse eignet? Denn nun bin ich also mein ganzes Leben lang ein Montagskind. Quasi wie ein Montagsauto. Die waren mal eine Zeit lang berüchtigt, hatten angeblich ständig irgendwelche Macken, weil die Arbeiter im Werk noch nicht richtig ausgeschlafen waren, liefen aber sonst sehr zuverlässig.

Im Nachhinein habe ich mal nachgesehen: https://de.wikipedia.org/wiki/Sonntagskind

Was heißt denn hier „Ernstfall“?

Über Leserbriefschreiben in Zeiten der schweigsamen Mehrheit

Überraschenderweise hat die – sich als Heimatzeitung verstehende – Waldeckische Landeszeitung (WLZ) meinen nachstehenden Leserbrief auch mit der von mir gewählten Überschrift abgedruckt. Warum war ich überrascht?

Zum einen hatte ich mit kritischen Beiträgen insofern schon einige Misserfolge erlebt. Zum anderen war der Anlass diesmal ein lokalpolitisches Ereignis wegen einer bundes- und EU-politischen Entwicklung, die bis dahin allgemein beschwiegen worden war: Die Bundeswehr rekrutiert nach einem bundesweiten Operationsplan ungediente, sprich soldatisch unausgebildete Freiwillige für Heimatschutztruppen, und die noch frische Frankenberger Bürgermeisterin mitsamt Magistrat will als Arbeitgeber dafür Interessenten unter ihren Beschäftigten vom Dienst freistellen. Zwei dazugehörende Artikel auf der ersten und zweiten Seite vom 21. 11. 24 waren in nahezu unterkühlten Formulierungen gehalten.

Es galt also, sowohl Kritik am bundespolitischen Projekt als auch an der jounalistischen Darstellung des aktuellen Ereignisses in möglichst knapper Form unterzubringen, um formal begründbare Kürzungen zu vermeiden. Darum zu Beginn ein Lob für den Zeitungsmenschen:

Die sicherheitspolitische Lage in Europa hat sich spätestens seit dem russischen Angriff auf die Ukraine erheblich geändert.“ Welch geniale journalistische Formulierung auf der Titelseite für die Einleitung eines Berichts von einer in die Öffentlichkeit geratenen neuartigen Partnerschaft zwischen einer Stadtverwaltung und der Bundeswehr. Nichts falsch gemacht – das Adverb spätestens schließt sogar eine relevante Vorgeschichte ein. Konkret wird das Aufgabenfeld der Heimatschutztruppe der Ungedienten sogar im Info-Kasten darunter aufgezählt.

Details zum bislang verheimlichten Operationsplan Deutschland sind jüngst durchgesickert. Laut FAZ „schult die Bundeswehr seit Kurzem Unternehmen für den Verteidigungsfall“. Wie erwartet geht es um den Fall eines Angriffs durch Russland. Hinter den Kulissen stehen die Zeichen offensichtlich auf die bereits beschworene „Kriegstüchtigkeit“.

Nun kann also auch die Heimatzeitung mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mithalten. Auf der zweiten Seite wird in nüchternen Formulierungen der Zweck und die Bedeutung des Heimatschutzregiments im Ernstfall – offenbar Krieg mit Russland. Das alles wurde schon 1968 durch die Notstandsgesetze vorgesehen.

Über das schier Ungeheuerliche berichten Journalisten nüchtern, emotionslos, als ginge es um eine trockene Verwaltungsentscheidung, die keinen Bürger wirklich tangiert. Wo dringend kommentierend Kritik ertönen sollte, wird durch die Zurückhaltung die Komplizenschaft mit der Grundrichtung der Kriegspolitik sichtbar.

Wenn Politik die Parole ausgibt: „Wir müssen kriegstüchtig werden!“, ist es Aufgabe von Journalisten, die den Friedensauftrag des Grundgesetzes verstanden haben, laut zu widersprechen. Politik für den Frieden will das Volk. Das wäre der dem Volk dienende Ernstfall.

EU-Ziel: Kriegstüchtig werden um jeden Preis

So wird die Ukraine ein Teil der EU.

Kohärente kolonial-kapitalistische EU-Politik kauft ukrainische „Verteidigungsindustrie“.

Seit Donald Trumps überwältigendem Wahlsieg am 5. 11. 2024 gilt nicht nur für die USA eine neue Zeitrechnung. Hatte er doch in seiner ersten Amtszeit als Präsident sowie im Wahlkampf angekündigt, er werde dafür sorgen, dass die Europäer wegen der Kosten selber für ihre Verteidigung sorgen und künftig auf den amerikanischen „Schutzschirm“ durch Truppen, Raketen und Atomwaffen verzichten müssen. Wohlgemerkt: Gegen die angebliche Bedrohung durch Russland. Denn Amerikas wirklicher Gegner ist inzwischen eindeutig China.

Insofern hat sich die EU mittlerweile in mehreren Schritten militärisch umorientiert. Notfalls könnte nämlich der Fall eintreten, dass die Ukraine in ihrem Kampf gegen Russland nur noch von den Staaten der Europäischen Union – insbesondere durch Deutschland – finanziell und militärisch unterstützt wird.

Als die EU-Kommission am 5. März 2024 die „Erste europäische Industriestrategie für den Verteidigungsbereich auf EU-Ebene“ (EDIS) präsentiert hat, war davon in den deutschen öffentlich-rechtlichen und anderen Leitmedien kaum etwas zu hören bzw. zu lesen. Immerhin steht ja darin:

Die Mitgliedstaaten sind dazu aufgerufen,

  • bis 2030 mindestens 40 % der Verteidigungsgüter auf kooperative Weise zu beschaffen;
  • dafür zu sorgen, dass der EU-interne Handel mit Verteidigungsgütern bis 2030 wertmäßig mindestens 35 % des EU-Verteidigungsmarkts ausmacht;
  • sich dem Ziel, bis 2030 mindestens 50 % ihres Beschaffungshaushalts im Verteidigungsbereich innerhalb der EU auszugeben und diesen Anteil bis 2035 auf 60 % zu steigern, ständig anzunähern.“

EDIS ist eine gemeinsame Mitteilung der Kommission und des Hohen Vertreters, die eine Vision für die europäische Verteidigungsindustriepolitik bis 2035 vorlegt. (…)“ ist auf der offiziellen Website der Union zu lesen.

Interessant ist in diesem Fall auch folgende Erläuterung: „Der Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (Hoher Vertreter) ist dafür zuständig, die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) sowie die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) der Europäischen Union (EU) zu koordinieren und durchzuführen. Der Hohe Vertreter ist zugleich einer der Vizepräsidenten der Europäischen Kommission. In dieser Eigenschaft hat er sicherzustellen, dass das auswärtige Handeln der EU insgesamt kohärent ist.

Am 24. Oktober 2024 hat die EU-Kommission die „Regulierung 2024/2773“ angenommen. Demnach soll die Ukraine von der EU einen Kredit in Höhe von 35 Milliarden Euro bekommen, der aus den Einnahmen der eingefrorenen russischen Vermögenswerte zurückgezahlt werden soll. Einerseits soll das Geld erst dann fließen, wenn die Ukraine allen Bedingungen der EU zugestimmt hat. Andererseits ist im Endeffekt das Geld zwar angeblich für den Wiederaufbau (nach Kriegsende?) bestimmt, aber im Artikel 12 der Regulierung steht:

Grundsatzvereinbarung

  1. Die Kommission vereinbart mit der Ukraine politische Auflagen, an die das MFA-Darlehen geknüpft wird. Diese politischen Auflagen werden in einer Grundsatzvereinbarung festgelegt.
  2. Die politischen Auflagen in der Grundsatzvereinbarung müssen mit den im Anhang des Durchführungsbeschlusses (EU) 2024/1447 aufgeführten qualitativen und quantitativen Schritten und etwaigen daran vorgenommenen Änderungen in Einklang stehen. Die politischen Auflagen in der Grundsatzvereinbarung sollten außerdem die Zusage enthalten, bei der Belebung, dem Wiederaufbau und der Modernisierung der Verteidigungsindustrie[Hervorhebung vom Berichter] der Ukraine die Zusammenarbeit mit der Union entsprechend den Zielen der Unionsprogramme für die Erholung, den Wiederaufbau und die Modernisierung der technologischen und industriellen Basis der Verteidigung der Ukraine und anderer einschlägiger Unionsprogramme zu fördern.“

Die wichtigste Bedingung für die Vergabe dieses Kredits besteht also darin, dass die EU nach der Beendigung des Konflikts mit Russland das Recht erhält, die Rüstungsindustrie der Ukraine wieder aufzubauen und über sie die Kontrolle zu behalten.

Zur Begründung für diese exorbitanten Kraftanstrengungen wird in Orwellscher Manier aus Rüstungs- immerzu Verteidigungsindustrie. Und in dem EDIS-Dokument ist von „Russlands grundlosem Kampf gegen die Ukraine“ als Erklärung die Rede, womit kurzerhand wichtige Fakten der Vorgeschichte propagandistisch unterschlagen werden, wie etwa der von den USA initiierte Maidan-Putsch 2014, die 8-jährige Bombardierung der russischsprachigen Ost-Ukraine ebenso wie die unter eifriger Mitwirkung der Regierung Merkel vorgetäuschten Friedensverträge Minsk I und Minsk II.

Nicht zu vergessen die – entgegen den Zusicherungen im Zuge der Auflösung der UdSSR und der Staaten des Warschauer Vertrags – geplante Erweiterung der NATO auf ukrainisches Gebiet, also direkt in Reichweite Russlands.

Putin stellte am 7. November in seiner Rede auf der diesjährigen VALDAI Konferenz fest, dass das westliche Streben nach Beibehaltung einer Weltordnung auf Grundlage der Konkurrenz einzelner Staaten und von Staatenbünden gegeneinander im Widerspruch zu den aktuell erforderlichen und auch möglichen friedlich-kooperativen internationalen Beziehungen stehe. Solche Beziehungen seien zum Beispiel schon früher im Rahmen der OSZE gepflegt worden und würden nun von den Ländern der BRICS Organisation praktiziert.

Die Aufrechterhaltung eines militärischen Bündnisses wie der NATO ergebe laut Putin überhaupt nur unter der Prämisse der Beibehaltung einer auf Konkurrenz beruhenden Beziehung von Staaten einen Sinn. Allerdings sei diese Praxis mit immer höher werdenden Kosten verbunden, die von den Bevölkerungen der betroffenen Länder getragen werden müssen.

Und gerade diese große Belastung der Bevölkerung ist nach Beobachtung des russischen Präsidenten den Protagonisten der Konkurrenz-Außenpolitik und des Krieges völlig egal. Mit Vernunft könne das Vorgehen des Westens also nichts zu tun haben, ist die Schlussfolgerung Putins in seiner Rede, die hier nachgelesen kann: