„Wer sich nicht wehrt lebt verkehrt“?

Aus Opas unordentlichem Leben (3)

Man erinnere sich: Jene Jungspunde, die wir als „68-er“ in der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte – erst als APO und dann mit dem Marsch durch die Institutionen – etwa ein halbes Jahrhundert prägten, sowohl gesamtgesellschaftlich als auch kulturell und künstlerisch, haben ursprünglich mit diesem „sich wehren“ zu Demonstrationen gegen Regierungspläne und -handeln (z. B. Polizeigewalt, Notstandsgesetze, Volkszählung) mit einem Ausrufezeichen aufgerufen.

Demo 1968 in Gießen gegen die geplanten Notstandsgesetze. (Foto: admin)

Inzwischen wurde die grundgesetzliche Wehrpflicht ausgesetzt und die Bundeswehr hat darum zu wenig Personal. Somit sei Deutschland nicht wehrfähig, meint nicht nur der Verteidigungsminister, der ja auch in der kommenden Regierung sein Amt behalten soll. Der SPD-Politiker möchte die Wehrerfassung so verbessern, dass mit Vollendung des 18. Lebensjahres alle jungen Menschen als wehrfähig erfasst und verpflichtet werden können.

Hierzu gibt der folgende Kommentar zu einem Kommentar in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) eine Orientierungshilfe:

Ehre, wem Ehre gebührt!

Die zwanghafte Mystik der Jahreszahlen: Alle haben dies Gedenkjahr unaufhaltsam auf sich zukommen sehen, die Redakteure der „Leitmedien“, die für ihre Brötchengeber nach und nach an 80 Jahre zurückliegende Ereignisse erinnern sollen.

Zwar ließ sich am 27. Januar nicht vermeiden, dass trotz der aktuell offiziösen Russophobie anlässlich der Gedenkfeiern an die Befreiung des KZ Auschwitz die Soldaten der Sowjetarmee erwähnt wurden, auch wenn es sich erst – noch unkorrigiert – so anzuhören schien, als seien Amerikaner die Befreier gewesen.

Aber nun, da es um die Befreiung des KZ Buchenwald am 11. April 1945 geht, war in der Tagesschau vom 6. April 2025 tatsächlich schon zu hören, es sei von amerikanischen Soldaten befreit worden. Auch wer „Befreiung KZ Buchenwald“ googelt erhält diese Auskunft:

Am 11. April 1945 hatten amerikanische Truppen das KZ Buchenwald befreit und fanden dort noch 21.000 überlebende Häftlinge vor. In Buchenwald waren während der NS-Zeit insgesamt fast 280.000 Menschen inhaftiert.

Weil das nachweislich nicht den historisch belegten Tatsachen entspricht, denen zufolge die selbstorganisierten Gefangenen sich schon befreit und teilweise sogar Wachpersonal gefangen hatten, bevor Soldaten der amerikanischen 3. Armee des Generals Patton erreichten, sei der folgende – sehr informative Artikel dringend empfohlen:

https://www.jungewelt.de/artikel/497495.antifaschismus-aus-eigener-kraft.html

In Anbetracht der weiter anstehenden geschichtsträchtigen Daten in diesem Jahr ist zu befürchten, dass noch mehr für Fakten-Checker zu tun sein wird.

Nur noch politische Schweinereien?

Wer hätte dergleichen noch vor 15 Jahren in Deutschland für möglich gehalten?

1.) Der durch eine Wahl faktisch abgewählte alte Bundestag beschließt in den ihm nach der Wahl verbliebenen zwei Wochen Restlaufzeit gemeinsam mit der ebenfalls abgewählten Noch-Koalitionsregierung ein Billionen-Schuldenpaket, das überwiegend für Kriegs- und Rüstungskredite bestimmt ist und von den kommenden zwei Generationen mit Zins und Zinseszins abgestottert werden soll!

„Der 20. Deutsche Bundestag hat am Dienstag, 18. März 2025, wenige Tage vor dem Zusammentritt des künftigen Bundestages, den von SPD und CDU/CSU eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes (20/15096) gebilligt. Namentlich stimmten 512 Abgeordnete für das zuvor im Haushaltsausschuss noch geänderte Gesetz (20/15117), 206 votierten dagegen, es gab keine Enthaltung.“ (Quelle: bundestag.de)

Das aus haushaltsrechtlichen Gründen in Orwellscher Manier „Sondervermögen“ genannte Schuldenpaket enthält auch noch – quasi als Trostpflaster – ein Milliarden schweres „Infrastruktur-Paket“ für die Sanierung von Straßen, Brücken, Schulen und Bundesbahn. Dabei haben die aktuellen Regierungs-Koalitionsparteien SPD und CDU/CSU in den vergangenen 20 Jahren diese Schäden mit ihrer Sparsamkeitspolitik („Schuldenbremse“ und „schwarze Null“) doch selbst sehenden Auges verursacht.

2.) Das gerade neu konstituierte Bundesparlament kann seine Arbeit nicht termingerecht aufnehmen, weil ein selbsternannter Ältestenrat die erste reguläre Arbeitssitzung vertagt hat.

Welche Debattenbeiträge werden da gefürchtet und sollen verzögert werden? Hat es da vielleicht in den Leitmedien ein Protestgeschrei gegeben? Ach woher. Man starrt vielmehr auf die Koalitonsverhandlungen, deren Matadore Merz und Klingbeil sich mittlerweile sogar duzen. Eine Klassenkampf-Barriere also schon mal weniger zwischen dem Black Rock-Epigonen und dem vermeintlichen Sozi. Da können sich auch Linke und Grüne eine Teilhabe vorstellen.