Folge der Narrenfreiheit

Es gibt verschiedene Bezeichnungen für ein offensichtlich wieder sehr aktuelles mentales Phänomen, über das schon im 19. Jahrhundert, als vor allem Erzeugnisse der Druckerpresse auf Papier quasi Massenmedien waren, ein bedeutender Schriftsteller eine Parabel schrieb. Zwar heißt es „Namen sind Schall und Rauch“, aber ebenso: „Nomen est Omen“. Je nachdem, wie man das Phänomen betrachtet, heißt es Meinungsbeeinflussung oder -änderung, -manipulation oder sogar Gehirnwäsche.

Letzterer Terminus wurde in den 1960-er und 1970-er Jahren in den westlichen Medien dafür gebräuchlich, wie die Revolutionsregierung der Volksrepublik China unter Mao Zedong Nichtkommunisten, insbesondere den letzten Nachkommen des letzten Kaisers, in besonderen Lagern umerziehen wollte. Etwas netter wird dasselbe Verfahren im „Westen“ – etwa seit dem Jahr 1900 – Propaganda oder Publik Relations genannt. (Hierzu ist der Beitrag „Lesen bildet“ zu empfehlen!)

Scharfsinnig hat schon Iwan S. Turgenjew das entsprechende Prinzip geschildert, wie es auch heutzutage praktiziert wird. Er hatte sogar in Deutschland studiert, wie aus Wikipedia ersichtlich ist:

https://de.wikipedia.org/wiki/Iwan_Sergejewitsch_Turgenew#Leben

Und hier ist seine hellsichtige Beobachtung:

Der Narr

Einst lebte ein Narr. Er lebte lange herrlich und in Freuden. Allmählich gelangte jedoch das Gerücht zu ihm, er gelte überall als fader Narr.

Verwirrt und traurig überlegte er nun, was dagegen zu tun sei. Plötzlich erhellte ein Gedanke seinen dunklen Verstand…

Er verwirklichte sein Vorhaben sofort.

Als er auf der Straße einem Bekannte begegnete und dieser einen berühmten Maler zu preisen begann, rief er aus: „Was reden Sie da?… Dieser Maler ist längst abgetan! …Wissen Sie es nicht? Das hätte ich nicht von Ihnen erwartet! Was sind sie für ein rückständiger Mensch!“ Der erschrockene Bekannte stimmte sofort dem Narren zu.

„Was habe ich heute für ein herrliches Buch gelesen!“ sagte ein anderer Bekannter dem Narren. „Aber ich bitte Sie!“ schrie der Narr. „Schämen Sie sich nicht? Dieses Buch ist gar nichts wert! Niemand schätzt es mehr! Wissen Sie das nicht? Was sind Sie für ein rückständiger Mensch!“ Auch dieser Mensch erschrak und war sofort derselben Ansicht.

„Mein Freund N.N. ist ein wunderbarer Mann!“ versicherte dem Narren der dritte Bekannte. „Ein wahrhaft edler Charakter!“ „Himmel!“ rief der Narr aus. Wie jeder weiß, ist N.N. ein gemeiner Kerl! Er hat doch seine ganze Verwandtschaft bestohlen. Wie kommt es, dass Sie es nicht erfahren haben? Was sind Sie für ein rückständiger Mensch!“ Der dritte Bekannte erschrak ebenfalls, stimmte ihm zu und sagte sich von seinem Freunde los. …

Und so kam es, dass der Narr immer wieder dasselbe antwortete, sobald etwas gelobt wurde. Manchmal fügte er auch vorwurfsvoll hinzu: „Und Sie glauben auch noch an Autoritäten?“

„Ein böser, ein gehässiger Mensch!“ hieß es nun über den Narren. „Aber welch ein Kopf!“ „Und was für eine scharfe Zunge!“ fügten andere Bekannte hinzu. „O ja, er ist begabt.“ Schließlich bot ihm der Herausgeber einer Zeitung eine leitende Stelle als Kritiker an.

Und nun unterzog der Narr alle und alles einer bissigen Kritik, ohne seine Ausdrucksweise oder seine entrüsteten Ausrufe zu ändern.

Jetzt war er – der einst jede Autorität schmähte – selbst eine Autorität, und die Jugend verging vor Ehrfurcht vor ihm – und fürchtete ihn auch.

Ja, wie sollten diese unglückseligen Jünglinge sich auch verhalten? Obwohl ja – unter uns gesagt – eine derartige Verehrung nie angebracht ist, blieb ihnen nichts anderes übrig. Wie sollten sie ihm nicht Ehrfurcht bezeugen? Liefen Sie doch Gefahr, als rückständig zu gelten.

Ja wie gut geht es Narren, wenn sie unter Feigen leben!

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Seien Sie bitte ehrlich! Ist es heute anders?

Lesen bildet …

… und kann helfen, mit Hilfe eines guten Buches diese ziemlich verrückt gewordene Welt besser zu verstehen, wenn man will. Der zunächst skeptische Rezensent ließ sich von dem im THK Verlag 2023 erschienenen Buch (bei dem es auch bestellt werden kann) überzeugen.

„Propaganda heute“ – ein überzeugendes Tutorial

Wer heutzutage sich wie Philip Preysing hinsetzt und ein Buch über Propaganda schreiben will, muss schon über eine gehörige Portion Mut verfügen. Denn im Internet sind aktuell locker hunderte, um nicht zu sagen tausende Bücher und Erklär-Videos zu finden, einschließlich der Zentralen für Politische Bildung auf Landes- und Bundesebene. Außerdem hat der Begriff spätestens seit Beginn des Ukrainekrieges und nun in den Diskussionen über Israel und seinen Kampf gegen die Palästinenser nur noch eine negative, abwertende Bedeutung.

Diese großenteils entweder akademisch strukturierten oder auch aufklärerisch-missionarisch motivierten Publikationen ergänzt der Autor mit seinem privaten, praktischen Erkenntnisweg. Dieser beginnt mit der Fragestellung, wie es kommen konnte, dass „wir“ Russlands Einmarsch in die Ukraine verurteilen und uns selbst mit den Auswirkungen von 10.000 Sanktionen belasten, aber die Aggressoren anderer verbrecherischer Kriege dagegen nicht. An welche Leser hat wohl Preysing gedacht, als er in seiner Einleitung – im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg und den durch die Sanktionen bedingten erheblichen Belastungen für die Bevölkerung – die rhetorische Frage stellte: „Wieso haben wir trotzdem den Eindruck, wir würden auf der Seite ,der Guten‘ stehen?“ (S. 10)

Das Heute im Titel provoziert, als ob das schon einmal anders gewesen wäre! Als ob es derzeit anders wäre als früher. Und dazu im Untertitel die gewagte These „Wie sich Journalisten für Propaganda missbrauchen lassen“. Damit wird er sich wohl mächtige Medienmacher zu Gegnern machen.

Erneut wird nach den wenigen Zeilen, in denen er unter anderem an vorherige völkerrechtswidrige Kriege erinnerte, der Leser somit vom Stil eines vortragenden Redners durch das „wir“ eingebunden in die Gemeinschaft von Betroffenen und Mitleidenden. Und wie ein gewandter Redner lässt Preysing uns Leserinnen und Leser an seinem sinnvoll aufgebauten Erkenntnisprozess teilhaben. Denn schon der Vorspann beginnt mit dem Benennen eines verstörenden Gefühls über den Zustand der Welt, um mit einem Appell an die kritische Vernunft des/der Lesenden zu enden.

Da der Autor sogleich zwei deutliche Akzente setzt, indem er nach dem Zitat aus einer NATO-Einladung zu einer Konferenz über Beeinflussung der öffentlichen Meinung zitiert und sodann Hermann Göring, der (wahrscheinlich beim Nürnberger Kriegsverbrecherprozess) 1946 die leichte Manipulierbarkeit des Volkes beschreibt, ist es folgerichtig, dass er Propaganda als Mittel zur Beeinflussung großer Menschenmengen definiert.

Wie das nicht nur im politischen Geschäft sondern genauso im täglichen Leben mit der Werbung für Waren oder Verhaltensweisen funktioniert, ja wie wir rundherum permanent Propaganda mit viel zu oft falschen Angaben ausgesetzt sind, zeigt Preysing mit markanten Beispielen wie etwa der Muttermilch-Kampagne von Nestlé. Verfälschungen sind somit entweder an Gefühle appellierende Behauptungen oder unvollständige Informationen durch Weglassen. Damit kommt er natürlich nicht an Edward Bernays vorbei, dem amerikanischen Erfinder der „Publik Relation“ genanten Massenbeeinflussung. Dieser habe einerseits mit seinen Methoden erreicht, dass die USA in den Ersten Weltkrieg eintraten und andererseits danach ein Buch geschrieben, das noch heute Werbetreibenden als Anleitung diene.

Nach dieser Klärung des geschichtlichen Hintergrundes gelingt Preysing im Abschnitt „Mustererkennung“ ein faszinierender Ausflug in die kulturell geprägte Lernpsychologie und er zeigt, wie nach dem Prinzip steter Tropfen höhlt den Stein Menschen dazu gebracht werden können, andere Ethnien und Kulturen als minderwertig zu kategorisieren. Als Konsequenz analysiert er nun im folgenden Kapitel Das Dritte Reich dessen bis heute nachwirkende Propagandaerfolge. Hier hätte der Hinweis gut gepasst, dass diese auch heute noch gängige Titulierung der NS-Zeit selbst ein Propagandaerfolg ist. Jedenfalls zeigt Philip Preysing im Abschnitt Antisemitismus, wie heute noch historisch und aktuell entsprechender Rassismus sowie Vorurteile bis hin zu einer Weltverschwörung wirksam sind.

Wer sich über die zwölfjährige NS-Herrschaft gründlich informieren möchte, sollte sich Preysings Buch allein schon wegen dieses detaillierten und fundierten Kapitels kaufen. In den weiteren Abschnitten Die Rolle der Kirche, Kulturkontrolle, Kriegsgründe, Lebensraum im Osten, Gewalt gegen die Zivilbevölkerung, Konzentrationslager, Gefangene als Wirtschaftsfaktor und Denazifizierung (statt Entnazifizierung) hat der Autor enorme Fakten und Nachweise darüber zusammengetragen, wie unser Schulwissen über diese Zeit hauptsächlich ein Propaganda-Ergebnis der (westlichen) Siegermächte ist. Sorgfältig demontiert Preysing, beispielsweise im Vergleich mit damaligen Kolonialmächten, die weit verbreitete Behauptung, die Konzentrationslager seien ein Alleinstellungsmerkmal des NS-Regimes gewesen.

Allerdings vergleicht Preysing akribisch die Unterschiede der Entnazifizierungin den westlichen Besatzungszonen mit dem Vorgehen in der sowjetischen Besatzungszone beziehungsweise DDR. Während dort unter der Leitung der Sowjetunion der Aufbau einer sozialistischen Gesellschaftsordnung zunächst mittels Entfernung hochrangiger Beamter, Enteignungen von Unternehmen sowie Säuberungen der Verwaltungs- und Justizbehörden vorbereitet wurde, sei aus Sicht der Propaganda der Nationalsozialismus „vor allem unter dem Aspekt des Kapitalismus und Antikommunismus“ erklärt worden.

Natürlich seien im Westen Deutschlands nicht nur die Propaganda, die neu erlaubten Zeitungen und der Nürnberger Prozess für die Besatzungsmächte hilfreich gewesen. Mit zahlreichen Nachweisen belegt Preysing, wie der zunächst nur latente Antikommunismus in den Westzonen aufgrund des Koreakrieges, in dem die UdSSR durch das Eingreifen der USA daran gehindert wurde, die zuvor japanische Kolonie komplett zu erobern, schon ende der 1940-er Jahre wieder aktiviert wurde und alsbald dazu führte, dass mithilfe der belasteten aber bewährten hochrangigen Fachkräfte Wiederaufbau und wirtschaftlicher Wohlstand vorrangig wurde. Dadurch sollte „die BRD im kalten Krieg zu einem ,Bollwerk‘ gegen den Sozialismus“ aufgebaut und einer kommunistischen Revolution vorgebeugt werden.

Ein bemerkenswertes Propagandastück nennt Philip Preysing die ab 1947 von den Westmächten USA, Großbritannien und Frankreich in ihren Besatzungszonen organisierte Umerziehung des indoktrinierten deutschen Volkes. Über sorgfältig ausgewählte Journalisten, neu gegründete lizenzierte Zeitungen, Verlage und Funkhäuser sei vor allem das kapitalistische, bürgerlich-konservative Weltbild verbreitet worden. Auch mit Einladungen im Rahmen von Besuchsprogrammen für jüngere Funktionseliten seien die USA im Rahmen ihrer Propagandakampagne bei der Vermittlung ihrer Werte in den Medien sehr wirksam gewesen. Dieser Kulturtransfer habe sich auch in den Künsten sowie bei der Umdeutung von Gebräuchen an Feiertagen wie etwa Weihnachten bis heute ausgewirkt.

Nach diesem besonders für deutsche Geschichte gravierenden Exempel über die vielschichtige Verzahnung propagandistischer Methoden referiert Preysing grundsätzlich im Kapitel Wege der Propaganda über die notwendige Massenkontrolle in demokratischen Staatsformen und die Aufgaben der Werbung in industriell geprägten Gesellschaften. Das reicht von einem probaten Rezept zum permanenten Einfluss auf die öffentliche Meinung mittels Gründung eines Forschungsinstituts bis hin zu noch aktuellen Beispielen einseitiger Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen in Bezug auf den Islam oder auch die Ostukraine.

So kommt der Autor auf die Beteiligung der Journalisten an bewusst oder unbewusst einseitiger Berichterstattung, bedingt durch die zunehmende Konkurrenz der Medienhäuser untereinander, dem gleichzeitigen Schrumpfen der Redaktionen und dem Druck zu schlagzeilenträchtigen Meldungen zwecks Steigerung der Auflagen beziehungsweise Zuschauerzahlen. In der zweiten Hälfte des Buches belegt Preysing seine Feststellungen mit z. T. drastischen Beispielen aus noch bestehenden Konflikten (z. B. Ukrainekrieg/Russland, Uiguren/China, dokumenta/Antisemitismus) oder gerade überstandenen Krisen (Corona) dafür, wie durch die Presse die öffentliche Meinung beeinflusst wird. Nach dem ergiebigen Parcours über die zahllosen einfallsreichen Desinformationspraktiken ist der Leser dankbar für die Ratschläge, wie er sich schützen könne.

Manuel Zimmermann

Grumbiere kaufen?

Wissen Sie denn, was gestern für ein Tag war? Der 21. Februar. Wer auch immer diese merkwürdigen Tagesnamen erdacht hat, könnte sich ja etwas Sinnvolles dabei gedacht haben. Im Mai gibt es bekanntlich den Muttertag, der sich irgendwie sogar international durchgesetzt hat. Nun soll gestern angeblich der „Tag der Muttersprache“ gewesen sein. Im Radio konnte man es hören.

Vielleicht ist es ja ganz gut, sich mal darüber Gedanken zu machen, was wir so reden und unsere Muttersprache nennen. „Sprich Deutsch“ sagte meine Mutter, wenn ich als Kind irgendwelche interessanten Wörter aufgeschnappt und nachgeplappert hatte. „Der (oder die) ist ja blöd – auf Deutsch gesagt“, bedeutet: deutlich oder direkt und unverblümt, also schnörkellos zu reden. Diese Redensart stammt, wie die Sprachwissenschaftler sagen, aus jener Zeit, als im Hochmittelalter bei Hofe (Königs- und Fürstenhof) Latein die Umgangssprache war. Das einfache Volk sprach diutisk oder tiutsch, wie die Hochwohlgeborenen es verächtlich nannten.

Hochwohlgeborene wie der „Alte Fritz“, also auch Friedrich der Große, sprachen quasi von klein auf Französisch, was ja auch damit zu tun hatte, dass damals im 18. Jahrhundert Französisch – übrigens als Diplomatensprache bis Anfang des 20. Jahrhunderts – DIE Weltsprache war, wie heutzutage Englisch. Der Preußenkönig soll sogar bekannt haben: „Seit meiner Jugend habe ich kein deutsches Buch gelesen, und ich spreche die deutsche Sprache schlecht.“ Er behalte die deutsche Sprache seinen Pferden und Stallknechten vor, wie die WDR-Sendung „Stichtag“ vom 06.03.2009 berichtete.

In gewisser Weise hat sich also unsere Muttersprache demokratisiert, wozu übrigens nicht nur Martin Luther mit seiner Bibelübersetzung sondern auch Jacob Grimm mit seiner Deutschen Grammatik (1822) erheblich beigetragen hat. Dass die Brüder Grimm mit ihrem Deutschen Wörterbuch zu Lebzeiten nicht fertig werden konnten, das kann man schon allein daran merken, wenn man in Bayern Brötchen als „Semmeln“ und in Berlin als „Schrippen“ kaufen muss.

Und mancher ausländische Gast, der daheim in der Schule oder am Goethe-Institut Hochdeutsch lernte, verzweifelt in Oberbayern oder im Hunsrück, in Dresden oder Stuttgart zunächst an den Mundarten. Oder weiß der/die geneigte Leser/in vielleicht, was „Grumbiere“ sind? In der Pfalz sind das Kartoffeln.
Und den lieben Verwandten in München muss der Nordhesse eine „Ahle Worscht“ mitbringen, damit sie lernen, was das ist.

Narrenfreiheit nur zur Narrenzeit?

Das gibt es ja bekanntlich im Karneval: Man genießt beziehungsweise hat Narrenfreiheit, was bedeutet, er oder sie darf sich aufgrund der Tatsache, dass er/sie in bestimmter Hinsicht nicht ganz ernst genommen wird, Dinge und Verhaltensweisen erlauben, die anderen verwehrt sind. Fürsten und höhere Herrscherhäuser hielten sich einst dafür gerne Hofnarren.

http://www.hofnarr.org/geschichte-des-hofnarren/weiterlesen-geschichte.php

Also am besten „ja!“ Denn dann wäre nämlich am Aschermittwoch alles wieder vorbei. Dann würden all die bunt und fantasievoll verkleideten Narren in den festlichen, bunt geschmückten kleinen und großen Sälen – nicht zu vergessen die zahllosen beim Straßenkarneval in und neben den Festzügen – im Alltag wieder in Zivil auftreten.

Was wäre aber, wenn nach der offiziell zelebrierten Narrenzeit zahllose Narren gerne närrisch bleiben wollen? Hatten sich doch nach den – gegen Regierungspolitik gerichteten – Bauern-Demonstrationen bis zur Karnevals-Woche Hunderttausende an Samstagen und Sonntagen zu öffentlichkeitswirksamen Protest-Demos gegen eine, wenn auch bislang konservative Oppositionspartei getroffen. Zur Rechtfertigung wurde ein passenderweise gerade bekannt gewordenes Rechercheergebnis der Redaktion CORRECTIV genutzt. Demnach wollten Teilnehmer einer obskuren Runde angeblich im Grunde dasselbe wie die Bundesregierung, nämlich in größerem Maßstab Ausländer abschieben. Dabei ist in dieser Recherche-Redaktion sogar die Bundesregierung beteiligt.

Zur fragwürdigen Finanzierung von CORRECTIV:

Im Sinne von „bist du närrisch?“, so viel bedeutend wie „nicht recht bei Verstand?“, müssten sich die journalistischen Jubelchöre der ansonsten renommierten Redaktionen die Frage stellen lassen, was sie davon haben, sich vor diesen Karren spannen zu lassen.

Als Fortbildung in dem auch aktuell als Taschenbuch erhältlichen Buch „Der Fürst“ von Niccolò Machiavelli könnten sie erfahren, wie ein Feindbild zum Nutzen der Regierenden aufgebaut und genutzt wird.

Der Reclam-Verlag schreibt dazu: „Machiavellis 1513 erstmals erschienene Schrift widmet sich der Frage, wie man in einer feindlichen politischen Umwelt erfolgreich sein, Macht erwerben, diese Macht festigen und sogar noch ausweiten kann. Er beschreibt dabei die bis heute geltenden Mechanismen der Macht ohne jede Illusion und untersucht in schneidender Klarheit jene Notwendigkeiten, die mit dem hirnlosen Wüten eines an der Macht berauschten Tyrannen nichts zu tun haben.

Seltsames Demo-Theater

Kaum waren die bundesweiten Landwirte-Demos mit Ihrem Protest gegen Berliner Regierungshandeln und den imposanten Traktoren-Ansammlungen zu Beginn der Berliner Grünen Woche abgeebbt, wurde von den öffentlich-rechtlichen Sendern und den konzertierten Printmedien Deutschlands eine Meldung der – unter anderem auch von der Bundesregierung finanzierten -Redaktion „CORRECTIV“ hochskandalisiert.

O-Ton CORRECTIV unter dem Titel „Geheimplan gegen Deutschland“ auf seiner Internetseite: „Von diesem Treffen sollte niemand erfahren: Hochrangige AfD-Politiker, Neonazis und finanzstarke Unternehmer kamen im November in einem Hotel bei Potsdam zusammen. Sie planten nichts Geringeres als die Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland.“

Dabei waren auch Vertreter aus den Oppositionsparteien CDU/CSU und AfD. Sie sprachen über ein Thema, das auch schon die Bundesregierung und den Bundestag beschäftigte. Ein Blick in die Online-Seite der Tagesschau vom 19. Januar:

„Der Bundestag hat [nach der Beschlussvorlage der Regierung; MZ] das „Rückführungsverbesserungsgesetz“ beschlossen, mit dem Abschiebungen vereinfacht werden sollen. Die Bundesregierung reagiert damit auf gestiegene Asylbewerberzahlen und Forderungen der Kommunen.“

Hallo! Welchen schönen Namen hat das neue Gesetz? Das erinnert doch stark an Orwells Neusprech.

Auf einmal rufen – wirklich – alle möglichen gesellschaftlichen Organisationen zu Demonstrationen auf, wie hier am Beispiel des DGB vom 26.01.2024:

„Mitmachen: bundesweite Kundgebungen gegen Rechtsextremismus

Der DGB und seine Bündnispartner rufen zu Demonstrationen auf

Die bestürzenden correctiv.org-Enthüllungen zum konspirativen Treffen von AfD-Politiker*innen und anderen Rechtsextremen erinnern an das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte. Wer politische und ethnische Säuberungen unseres Landes fordert, tritt unsere Verfassung, Freiheit und die Grundrechte mit Füßen….“

Wer die bundesweite DGB-Kampagne mit Begründung, Terminen bis Ende Februar nebst teils hetzerischen Parolen sehen möchte:

https://www.dgb.de/themen/++co++5bab75ee-b521-11ee-bea4-001a4a160123

Seitdem scheint es kein Halten mehr zu geben!

Aus dem jeweiligem Vorspann mehrerer Berichte der Hessenschau vom 26. Januar:

Überall in Deutschland gehen die Menschen gegen rechts auf die Straße. Auch in Hessen wird vielerorts demonstriert, zum Beispiel am Dienstag in Fulda und Hanau.

Rund 2.000 Menschen sind laut Polizei am Freitagabend am Frankfurter Roßmarkt zusammengekommen, um gegen die AfD und einen gesellschaftlichen und politischen Rechtsruck in Deutschland zu demonstrieren. Auf Plakaten war zu lesen „Kein Platz für Faschismus“ oder „Nie wieder ist jetzt“. Ein Bündnis aus rund 50 Gruppen hatte unter dem Motto „Keine Ruhe dem Faschismus“ zu dem Protest aufgerufen, darunter Fridays for Future, Greenpeace Frankfurt, Gewerkschaften, der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der Goethe-Universität und der Hessische Flüchtlingsrat.

Wenn Leser, aber auch Redner sowie Demonstranten und Plakat-Träger die – korrekten – Bedeutungen der verwendeten Begriffe wie rechts, Faschismus oder auch Rechtsstaat und Opposition nicht kennen, sei ihnen hiermit eine besondere, höchst aktuelle Unterrichts-Stunde angeraten:

Schlag-Wort als Unwort

„Die Zunge ist zwar kein Bein, doch schlägt sie Manchem den Rücken ein.“ Schon im zweiten Schuljahr lernten ich dies Sprichwort kennen und hörte dazu von unserem Lehrer, dass hier mit Bein der menschliche Oberschenkelknochen in der Funktion einer Keule gemeint ist, damit der Spruch sich auch reimt. Nun also wurde „Remigration“ zum Unwort des Jahres gekürt.

Als rechter Kampfbegriff werde Remigration als „beschönigende Tarnvokabel“ benutzt, teilte die Jury mit. Diese Erklärung kann man sicher sofort unterschreiben. Denn die größtenteils unter Todesgefahr geflüchteten, oft schon jahrelang hier lebenden Menschen sind ja keine Besucher, die unter Missachtung ihrer verbrieften Grundrechte in ihr Herkunftsland abgeschoben werden dürfen.

Ob sich allerdings die Jury-Mitglieder der „sprachkritischen Aktion“ am Montag (15. Januar) im hessischen Marburg bei der Bekanntgabe darüber im Klaren waren, dass die Verneinung eines Begriffes mit dem Präfix „un-“ an sich ein Unding ist? Man denke doch nur an Beispiele wie Unglück, Unheil, ungeschickt oder unteilbar. Analog wäre Unwort an sich ein sich selbst negierendes Wort, das es eigentlich nicht gibt.

Das „Unwort des Jahres“ gilt als eine zivilgesellschaftliche, vielbeachtete sprachkritische Aktion, die in Deutschland 1991 von dem Frankfurter Sprachwissenschaftler Horst Dieter Schlosser ins Leben gerufen wurde. So wirkt die jährliche Publikation immerhin wie ein Anstoß, mal wieder über den öffentlichen Sprachgebrauch nachzudenken, etwa wie bei Klimahysterie (2019), Gutmensch (2015) oder Klimaterroristen (2022).